Unsere chinesischen Freunde feiern das neue Jahr, das im Zeichen des Hahns steht. Ganz herzliche Grüße, viel Erfolg und alles Gute! Und es gibt Geschenke für uns China-Interessierte – einen Beitrag unserer Freundin Lily Lue, Interkulturelle Trainierin
Probleme und Lösungen deutsch-chinesischer Kommunikation
Erläutert anhand von Beispielen unter interkultureller Perspektive
Von Lily Lue
Auf der Managementsitzung eines deutsch-chinesischen Joint Ventures verkündete der CEO am Anfang der Sitzung jedes Mal folgende Regel: Bitte nicht untereinander reden solange jemand spricht.
An dieser Sitzung nahmen sowohl deutsche als auch chinesische Manager teil, weswegen man mit Dolmetschern arbeitete. Während ein deutscher Kollege redete, sprachen die chinesischen Kollegen aber untereinander. Der deutsche CEO reagierte darauf ärgerlich, da er meinte, die chinesischen Kollegen würden untereinander Informationen austauschen. Daher wiederholte er diese Sitzungsregel mit Nachdruck.
Die chinesischen Kollgen regierten darauf mit Antipatie und dachten stillschweigend: „Wir reden untereinander, da wir bestimmte Hintergrundinfos austauschen müssen, um das ganze besser zu verstehen. Die Rede vom CEO muss sowieso übersetzt werden. Ihr redet auch oft ewig auf Deutsch untereinander und wir haben aber dagegen nichts gesagt, um Euer Gesicht zu wahren.“
Eine Sitzungsregel – auch so kleine Sachen können bereits negative Gefühle von beiden Seiten hervorrufen. Der deutscher CEO ist der Meinung, die Chinesen tauschen für sich untereinander Informationen aus, ohne diese mit allen zu teilen. Die chinesischen Kollegen denken wiederum, der deutsche CEO hätte kein Vertrauen zu ihnen, da er diese Sitzungsregel immer wiederholt. Misstrauen untereinander wächst.
Vertrauen ist das A und O der zwischenmenschlichen Beziehung. Missverständnis führt zu Missvertrauen. Das Vertrauen beeinflusst die Leistung, die zwischenmenschliche Beziehung sowie die körperiiche und geistige Gesundheit eines Individums und auch die Produktivität der Organisation.
Die Forschung des angesehenen interkulturellen Kommunikationsforschers Geert Hofstede zeigt, dass in der chinesischen Kultur mehr Wert auf Beziehung gelegt wird, während in der deutschen Kultur eher die Thematik bzw. die Aufgabe dominiert. Man spricht hierbei von Sach- und Beziehungsorientierung.
Lassen Sie uns im folgenden drei Aspekte näher betrachten, welche interkulturelle Kommunikation zwischen Deutschen und Chinesen beeinflussen:
Sach- bzw. Beziehungsorientierung
In unserem Beispiel war dem deutschen CEO nicht bewusst, dass die wiederholte Ankündung der Sitzregel den chinesischen Kollegen sehr unangenehm war.
Die beziehungsorientierten chinesischen Kollegen wollten die Atmosphäre nicht stören und haben daher nicht darauf hingewiesen, dass sie sich ebenfalls unwohl fühlten, als die Deutschen untereinander auf Deutsch redeten. Den Deutschen war jedoch überhaupt nicht bewusst, dass die chinesischen Kollegen ihr Verhalten stillschweigend tolerierten.
“Man weiß nicht, was man nicht weiß.”
In einem multikulturellen Team kommunizieren und verhalten sich die Mitglieder sehr unterschiedlich, jeder befolgt seinen eigenen Kulturstandard, der aus Werten, Glauben, Regeln und Emotionen besteht.
Wir verhalten uns nach unserem Kulturstandard und erwarten, dass andere sich ebenfalls nach unserem Standard richten. Sollten die anderen sich jedoch nicht so verhalten wie wir uns wünschen, sind wir oft verärgert und misstrauisch.
Die chinesichen Kollegen, welche in ihrer zurückkhaltenden und konfliktvermeindenden Kultur aufgewachsen sind, stehen mit ihrem Verhalten hinsichtlich Kommunikation und Problemlösung bei Begegnungen mit Menschen deutscher Kultur vor einer großen Herausforderung.
Vielen ist dies bereits bewusst, aber was kann man dagegen tun? Eine Änderung des Verhaltens ist ein langer Prozess. So wie ein Patient nicht anhand von Fachbüchern seine eigene Krankheit heilen kann, so sollte auch bei der Überwindung interkultureller Konflikte am besten mit Hilfe von erfahrenden und professionellen Beratern gearbeitet werden.
Hoch- und Niedrigkontext-Kultur
In der Hochkontext-Kultur ist das Gesagte oft unklar und muss aus dem Kontext abgeleitet werden. Man muss deuten, was der Redner wirklich meinte.
Ein chinesisches Sprichwort besagt “Das Gesagte kann nur wahrgenommen werden, aber nicht in Worte erklärt werden”
Die Deutschen, welche zu niedrigem Kontext tendiert, sagen hingegen sehr direkt (im Vergleich zu Chinesen) was sie wirklichen denken. Der Zuhörer muss nicht raten, was gemeint ist, denn das Gesagte ist auch das Gemeinte.
Ein Beispiel: Wenn ein chinesischer Manager, welcher bislang nur in staatlichen chinesischen Unternehmen gearbeitet hat sagt, man müsse über den Vorschlag noch nachdenken, so bedeutet dies oft eine indirekte Absage.
Wenn jedoch ein deutscher Manager das Gleiche sagt, bedeutet es in der Regel, dass man in der Tat noch darüber nachdenken muss. Oft gibt man noch einen bestimmten Zeitraum oder ein genaues Datum dazu, bis wann man eine Entscheidung zu treffen gedenkt.
Hohe und niedriger Kontext, was auch direkte und indirekte Kommunikation bedeutet, führt oft zu Frustration. Wie kann ich meinen Gegenüber verstehen? Wie kann ich mich anpassen und meinem Gegenüber helfen, die Regeln in meinerKultur zu verstehen? Diese Fähigkeit und das Bewusstsein hierfür sowie das dazugehörige Wissen sind Bestandteile des lebenslangen Lernens.
Power Distance – niedriges und hohes Hierachiedenken
Der Begriff Power Distance beschreibt, so erklärt Hofstedte, inwiefern Macht nicht konform mit Gleichberechtigung einhergeht, und inwiefern diese Ungleichheit auch akzeptiert wird.
Einmal habe ich einen deutschen Manager der Citibank gefragt, was seine größte Herausforderung bei der Führung chinesischer Mitarbeiter ist. Er sagte die größte Herausforderung bestehe darin, dass Aufgaben nicht rechtzeitig erledigt werden und der Grund oft nicht direkt kommuniziert würde. Aber seine Mitarbeiter sprächen doch fließend Englisch und hätten im Ausland studiert, sodass er eigentlich annähme, solche Regeln würden bekannt sein.
Seine Worte bringen mich zum Nachdenken: Offensichtlich haben die chinesischen Mitarbeiter nicht seine Erwartung erfüllt, obwohl sie „im Ausland studiert haben und fließend Englisch sprechen”. Es ist so selbstverständlich im Augen eines deutschen Chefs, dass die Mitarbeiter sich zu Wort melden, wenn sie Schwierigkeit bei ihrer Arbeit haben oder auch wenn sie anderer Meinung als der Chef sind.
So selbstverständlich ist dies bei den meisten chinesischen Mitarbeitern jedoch nicht. Die chinesische Kultur legt großen Wert auf die Hierachie – man stellt die Ansichten und das Verhalten des Vorgesetzers selten in Frage. Selbst wenn sie Zweifeln daran haben, würden sie diese nicht aussprechen, denn zu Hause haben die Eltern das Sagen, in der Schule der Lehrer und bei der Arbeit, selbstverständlich der Vorgesetzter. Das Resultat: Lieber die Aufgaben nicht zeitig erledigen, als entgegengesetzte Meinungen zu äußern oder den Vorgesetzter zu informieren, welche Probleme sie bei der Durchführung der Arbeit haben. Daher bedeuten ein Studium im Ausland und die Fähigkeit fließend English zu sprechen nicht automatisch, die Werte und die Erwartung des deutschen Chefs auch verstehen zu können, denn das notwendige Bewusstsein fehlt.
Manche sagen, Generationen in China, welche nach 1980 geboren sind, würden sich anders verhalten als die Vorherigen. Dazu muss beachtet werden, dass solange sich das chinesische Bildungssystem nicht ändert und das vorherrschende passive Lernmodell weiter angewand wird, ein “kritisches Denken” niemals wirklich umgesetzt wird. Was die deutschen Mitarbeiter als Kind in der Schuler gelernt haben, nämlich kritisches Auseinandersetzen und Hinterfragen, wird in chinesischen Schulen so nicht vermittelt. Stattdessen gilt das passives Lernen: Das was der Lehrer sagt ist richtig und bei der Notenverteilung gilt die Stardardlösung. Sobald das chinesische Bildungssystem nicht ändert, wird das Verhalten der chinesischen Schüler auch wenig ändern.
In deutschen Schulen wird kritisches Denken, wie bereits erwähnt, hingegen sehr geschätzt. Die Meinung der Lehrer darf in Frage gestellt werden und Diskussionen werden in verschiedenen Formen ermöglicht und gefördert. Diese Gewohnheit setzt sich automatisch bei der Arbeit fort, sodass die eigene Meinung auch später gegenüber Vorgesetzter ganz natürlich geäußert wird.
In einer hierachiebetonten Kultur gilt das Wort vom Chef. Die Meinung der Mitarbeiter wird wenig beachtet. In einer Niedrighierachie-Kultur hingegen kann der Mitarbeiter seine Meinung äußern. Er ist im Prozess involviert und seine Meinung wird gehört, sodass er mit mehr Eigeninitiative seine Arbeit gestalten kann.
Verhaltensänderungen basieren auf einer Veränderung der Überzeugung. Wenn den chinesischen Mitarbeitern wirklich bewusst ist, dass konstruktive Vorschläge von den deutschen Vorgesetzten gewünscht werden, anstatt dass Sie sich dadurch gekränkt und nicht respektiert fühlen, und wenn sich der Mitarbeiter dabei auch sicher fühlt, verhält er sich so wie der deutsche Vorgesetzter es sich von ihm wünscht.
Als Unternehmen steht man hierbei vor vielen Herausforderungen. Nur solche, deren Manager diesbezüglich gut vorbereitet sind, können im Globalisierungsprozess auf Dauer mithalten.
Lily Lue, General Manager of SML Business Consulting
Master of Business Administration, Frankfurt University of Applied Sciences. Master of German Studies, Shanghai International Study University, Certified international professional managers trainer, has over 20 years experience of SinoGerman cooperation. Trainer and consultant for intercultural communication, leadership and teambuilding. email: moc.n1733870300oital1733870300snart1733870300lms@e1733870300ul.yl1733870300il1733870300 | www.smltranslation.com